Fachkräftemangel: Immer wieder Notbetrieb in Kitas

Bürgermeister Mario Dahm, Jugendamtsleiterin Miriam Overath und der stellvertretende Leiter der Kita Gartenstraße Tom Ullrich hinter einem der vielen Werbebanner, mit denen die Stadt für Bewerbungen von Erzieher*innen wirbt.

Bürgermeister Mario Dahm, Jugendamtsleiterin Miriam Overath und der stellvertretende Leiter der Kita Gartenstraße Tom Ullrich hinter einem der vielen Werbebanner, mit denen die Stadt für Bewerbungen von Erzieher*innen wirbt.

(dmg) Notbetrieb in den Kitas – was eine Ausnahme sein sollte, entwickelt sich zur Regel. Denn im ganzen Land fehlen Fachkräfte. Alleine in NRW hat eine Studie der Bertelsmann-Stiftung einen Mangel von aktuell 24.000 Fachkräften ermittelt. In Hennef können derzeit nur etwa 78 Prozent der eigentlich vorhandenen Stellen besetzt werden. Krankheitsausfälle und die Nachwehen von Corona tun ihr Übriges. Das verbleibende Personal und die Eltern ringen mit der Situation – auch in Hennef. Bürgermeister Mario Dahm schlägt Alarm, die Verwaltung startet eine Werbekampagne und ergreift Sofortmaßnahmen.

„Die aktuelle Situation ist für alle sehr belastend: Für die Kinder, denen der Zugang zum Bildungsangebot Kita erschwert wird. Für die Eltern, die immer wieder kurzfristig auf Betreuungseinschränkungen reagieren müssen und so vor großen beruflichen und privaten Problemen stehen. Und auch für die Kolleginnen und Kollegen in den Kitas, die den Personalmangel oft auffangen und mit der Verzweiflung und dem Frust der Eltern umgehen müssen“, so Dahm. „Wir müssen in vielen Einrichtungen immer wieder in den Notbetrieb gehen und das Betreuungsangebot einschränken, weil wir aufgrund des Personalmangels die gesetzlichen Vorgaben nicht erreichen können, um alle Kinder zu betreuen. Fast täglich müssen wir dem Landesjugendamt eingeschränkte Betreuungszeiten melden. Das ist eine unhaltbare Situation für alle und die Frustration ist hoch.“

Appell ans Land

Die Gründe dafür sind vielfältig, so Dahm weiter. „Der Hauptgrund ist der Fachkräftemangel und das ist ein landesweites Problem in fast allen Kommunen und bei fast allen Trägern. Die Gründe dafür wiederum sind die vergleichsweise geringe tarifliche Bezahlung von Erzieher*innen, die Tatsache, dass nach wie vor keine Ausbildungsvergütung in den ersten zwei Jahren der klassischen, schulischen Ausbildung bezahlt wird, zu starre landesgesetzliche Vorgaben und vor allem auch zu geringe Ausbildungskapazitäten.“

Dahm appelliert ans Land und fordert eine Kita-Offensive: „Die Kommunen und die freien Träger stehen mit dem Rücken zur Wand, wenn die Fachkräfte fehlen. Wir brauchen konkrete Sofortmaßnahmen für mehr Quereinsteiger*innen, eine einfache Anerkennung ausländischer Bildungsabschlüsse, eine Neugestaltung der Erzieherinnen- und Erzieherausbildung mit flächendeckender Ausbildungsvergütung, eine angemessene Bezahlung von Erzieher*innen, mehr Geld für das System Kita, die Entlastung von Fachkräften durch Verwaltungsassistent*innen, den Aufbau von multiprofessionellen Teams, den Ausbau von Ausbildungskapazitäten sowie eine Verstetigung des bis Juli befristeten Alltagshelfer*innen-Programms des Landes NRW.“

Maßnahmen der Stadt

Die Stadt bleibt unterdessen nicht untätig. „Wir starten aktuell eine breit gefächerte Werbekampagne zur Personalgewinnung in sozialen und klassischen Medien, um kreativ neue Fachkräfte anzusprechen“ so Dahm, „angefangen bei Videos in sozialen Netzwerken über Straßenbanner bis hin zu Werbung auf Bussen, mit der wir unsere Kitas und unser Kita-Leitbild „DAS BESONDERE ENTDECKEN UND STÄRKEN! GUT AUFWACHSEN IN HENNEF“ vorstellen. Unsere Personalabteilung bildet sich zum Thema Recruiting weiter und erhält zusätzliche personelle Kapazitäten, um gezielt Fachkräfte werben zu können. All das sind Maßnahmen, mit denen wir als Verwaltung auch Neuland betreten, aber der Fachkräftemangel trifft uns leider nicht nur im Bereich der sozialpädagogischen Fachkräfte.“

Der Einstellungsprozess für Fach- und Ergänzungskräfte wurde zudem vereinfacht und beschleunigt, so dass – einschließlich aller Verfahrensvorgaben – Bewerberinnen und Bewerber ohne Wartezeiten nach Hospitation, Vorstellungsgespräch und Gremienzustimmung eingestellt werden können. Auch die Ausbildung neuer Fachkräfte lässt sich die Stadt einiges kosten. So wurde die Praxisintegrierte Ausbildung (PiA) für Erzieher*innen in Abhängigkeit verfügbarer Schulplätze ausgebaut, mit Übernahme in ein Beschäftigungsverhältnis nach Abschluss der Ausbildung. Alltagshelfer*innen werden in Hennef trotz fehlender Finanzierungszusage des Landes über den Juli hinaus dauerhaft eingestellt, um das System zu entlasten.

Personalnot konkret

Die Stadt Hennef betreibt 13 Kitas mit zusammengenommen rund 760 Kindern. Im Stellenplan der Stadt sind zur Betreuung 135 Stellen für Fachkräfte und 25 Stellen für Ergänzungskrafte vorgesehen. Nur 78 Prozent sind aktuell besetzt, 30 Stellen für Fachkräfte und 5 Stellen für Ergänzungskräfte sind unbesetzt. Krankheitsausfälle und Urlaubzeiten reduziert die Zahl der tatsächlich anwesenden Mitarbeiter*innen.

 

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Beitrag vom 8. Februar 2023, aktualisiert am 14. Februar 2023.