Finanzausstattung der Städte in NRW: Stadtrat verabschiedet Resolution

(dmg) Der Rat der Stadt Hennef hat bei seiner Sitzung am 25. September eine Resolution zur Finanzausstattung der Städte und Gemeinden in Nordrhein-Westfalen verabschiedet. Mit der Resolution, die in ähnlicher Form auch von anderen Stadträten verabschiedet wurde, wollen Rat und Verwaltung auf die dramatischen Finanzsituation aufmerksam machen, unter der auch der städtische Haushalt leidet. Die Resolution richtet sich an das Land NRW und lautet:

Der Rat der Stadt Hennef (Sieg) stellt fest: Den Kommunen fehlt es – auch unabhängig von den strukturellen Unterschieden – an einer soliden Finanzausstattung durch das dafür zuständige Land Nordrhein-Westfalen, um alle gegenwärtigen und künftigen Herausforderungen meistern zu können. Die aktuelle Entwicklung rund um die Aufstellung der Haushaltspläne zeigt, dass die finanzielle Situation der Kommunen in unserem Rhein-Sieg-Kreis dramatisch ist. Die Diskussionen um drastische Hebesatzerhöhungen für die Grund- und Gewerbesteuer verdeutlichen, vor welchen enormen Herausforderungen Politik und Verwaltungen stehen. Die Häufung der Krisensituationen in den letzten Jahren und die Übertragung immer neuer  Aufgaben haben die Kommunen vor Herausforderungen gestellt, die nur mit erheblichen finanziellen und personellen Ressourcen zu meistern waren und in Zukunft nur mit einer dauerhaften und verlässlichen zusätzlichen Finanzausstattung durch das Land aufrechterhalten werden können. Beispielhaft zu nennen sind dabei: 

  • Ausbau für die Betreuung von Kindern mit zusätzlichen Kindergartenplätzen (Rechtsanspruch) 
  • Ausbau der Offenen Ganztagsgrundschulen (kommender Rechtsanspruch) 
  • steigende Ausgaben im Sozialbereich aufgrund der wirtschaftlichen Situation 
  • steigende Aufwendungen im Bereich der Jugendhilfe im Nachgang der Pandemie 
  • Wohngeldreform und hierdurch gestiegene Personalaufwendungen 
  • Schaffung von Wohnraum für alle Bevölkerungsgruppen 
  • Aufnahme, Unterbringung und Integration von geflüchteten Menschen 
  • Investitionen in z.T. veraltete kommunale Infrastruktur
  • finanzielle wie personelle Herausforderungen durch Klimaschutz, Wärmewende und Klimaanpassung sowie Verkehrswende 
  • akute und vorbeugende Investitionen in Krisen wie Hochwasser, Dürre, Cyber-Attacken 
  • erhebliche Anforderungen an den Brandschutz an Bestands- und Neubauten sowie in die Ausrüstung der Feuerwehren 
  • Sicherheitsbedürfnisse und Rückverlagerung von Aufgaben auf die kommunalen Ordnungsämter — erhöhte Präsenz eines Stadtordnungsdienstes 

Konsolidierungsmöglichkeiten in den eigenen Haushalten i.S. von Ausgabenreduzierungen durch bspw. Leistungskürzungen, Einsparungen bei den Personalkosten, Verzicht auf notwendige Investitionen und Sanierungen der kommunalen Infrastruktur sind in den vergangenen Jahren nahezu ausgereizt. Die Herstellung eines dauerhaften strukturellen Haushaltsausgleichs ist nur noch mit der Erhöhung von Einnahmen möglich (Beiträge, Gebühren und Steuern). Nur mit echten liquiden Mitteln können die notwendigen Ausgaben für das operative Geschäft, die Investitionstätigkeit und den laufenden und künftigen Schuldendienst finanziert werden. Nur so bleiben die Kommunen im Land handlungs- und leistungsfähig, um ihrer gesellschaftlichen und staatlichen Verantwortung nachkommen zu können, um gesellschaftlichen Zusammenhalt zu organisieren, für Chancengleichheit und Teilhabe zu sorgen und Demokratie auf lokaler Ebene funktionierend zu leben.

Daher fordert der Rat der Stadt Hennef (Sieg) in Anlehnung an den offenen Brief der 19 Bürgermeisterinnen und Bürgermeister des Rhein-Sieg-Kreises:

  • Deutliche Aufstockung der Verteilungsmasse des GFG mit dem Ziel, dass die Grund-Finanzausstattung der Kommunen durch das Land in der Weise erhöht wird, dass die Kommunen ihren Aufgaben der Daseinsvorsorge für die Bürgerinnen und Bürger in adäquater Form dauerhaft nachkommen können. 
  • Keine Finanzierung der Altschuldenlösung zulasten des GFG. Zwar sind die genauen Bestimmungen zur angedachten Altschuldenlösung derzeit noch nicht bekannt, dennoch lassen die im Juni vorgelegten Eckpunkte zum GFG befürchten, dass hier Mittel allenfalls von einer auf die andere Seite geschoben werden und sich die finanziellen Auswirkungen bestenfalls neutral gestalten. 
  • Die Fortführung der Isolierungsmöglichkeiten nach dem NKF-CUIG bis zur Verabschiedung der Regelungen für die ersten beiden Punkte, jedenfalls aber für die nächsten beiden Jahre 2024 und 2025. Die Kommunen leiden weiterhin an den Folgen des Ukrainekrieges, der nach Einschätzung vieler Beobachter noch länger andauern wird. Gestiegene Energie- und Baupreise belasten die städtischen Haushalte. Gleiches gilt für die Zinsaufwendungen, die im Zuge der Bemühungen der Inflation durch erhöhte Leitzinssätze entgegenzuwirken, deutlich angestiegen sind. Der plötzliche Entfall dieser vormals verpflichtenden Isolierungsmöglichkeit stellt die Kommunen vor eine unlösbare Aufgabe. 
  • Die Anzahl der speziellen Förderprogramme sollte zugunsten der Schlüsselzuweisungen und Investitionspauschale reduziert werden. Den Kommunen ist es aufgrund der fehlenden personellen Kapazitäten nicht möglich, den hohen bürokratischen und inhaltlichen Anforderungen gerecht zu werden. Gleichzeitig wissen kommunale Räte am besten, welche Projekte in ihren Kommunen notwendig und wie Mittel sinnvoll verteilt werden können. 
  • Die Einhaltung des Konnexitätsprinzips (Art. 78 Abs. 3 LVerf NRW), welches bestimmt, dass bei Übernahme von Aufgaben durch die Kommunen, diese entsprechend finanziell auszustatten sind, respektiert wird.
  • Angesichts der dramatischen Finanzsituation müssen die haushaltsrechtlichen Regelungen für Kommunen flexibilisiert werden. Dies gilt ganz ausdrücklich auch für Kommunen, die sich bereits in der Haushaltssicherung befinden, u.a. durch Verlängerungsoptionen. 
  • Eine faire Verteilung der durch die zahlreichen Krisen und globalen Herausforderungen entstandenen Lasten auf die Gebietskörperschaften bzw. die verschiedenen staatlichen Ebenen. Es ist demokratieschädlich, wenn die Überbringung der unangenehmen Botschaften (hier Leistungskürzung und Steuer-/Gebührenerhöhungen) einseitig auf die Schultern der kommunalen Entscheidungsträger abgeladen wird. In Rheinland-Pfalz ist ein erster Gemeinderat geschlossen zurückgetreten. Es ist absehbar, dass es angesichts dieser Situation immer schwieriger werden wird, engagierte, ehrenamtliche Kommunalpolitiker*innen zu finden, die diese Aufgabe übernehmen wollen. 

Nur starke und handlungsfähige Kommunen sichern sozialen Zusammenhalt, stärken die Demokratie und können ihre zugedachten Aufgaben erfüllen sowie die vielen Herausforderungen unserer Zeit erfolgreich lösen. Ein Abrutschen einer Vielzahl von Städten und Gemeinden im Land in die Haushaltssicherung oder bei fehlender Genehmigung in die vorläufige Haushaltsführung muss genauso verhindert werden, wie eine flächendeckende massive Erhöhung kommunaler Steuern und Gebühren.

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Meldung vom 26.9.2023