Haushalt 2024: schwierige Haushaltsberatungen stehen bevor

(dmg) In der Sitzung des Stadtrates am 4. Dezember hat Bürgermeister Mario Dahm den Haushaltsentwurf für das Jahr 2024 eingebracht und in einer eindringlichen Rede schwierige Haushaltsberatungen angekündigt. Denn: In der Entwurfsfassung wäre der Haushalt nicht genehmigungsfähig, weil er in der mittelfristigen Planung für das Jahr 2025 ein Defizit ausweist. In diesem Jahr ist die Stadt jedoch gesetzlich verpflichtet, mit einem ausgeglichenen Haushalt die seit 2016 laufende Haushaltssicherung zu verlassen, andernfalls drohen drastische Einschnitte in die Handlungsfähigkeit. Um Lösungen zu finden, bleibt Zeit bis zur nächsten Ratssitzung im März. Dahm rief die Fraktionen zu Zusammenarbeit auf: „Lassen Sie uns gemeinsam diese schwierigen Haushaltsberatungen zu einem guten Beispiel der konstruktiven Problemlösung unter demokratischen Parteien machen.“

5 Millionen Euro Defizit 2024 durch gestiegene Kosten

Der Haushaltsentwurf weist im Ergebnisplan 171,7 Mio. Euro ordentliche Erträge und 177,3 Mio. Euro ordentliche Aufwendungen und damit verrechnet mit dem Finanzergebnis von minus 2,97 Mio. Euro und einem globalen Minderaufwand von 3,55 Mio. Euro ein Defizit von 5,04 Mio. Euro aus.

Die Gründe dafür sind vielfältig. „Die allgemeine Kostenentwicklung schlägt in fast allen Bereichen voll auf den städtischen Haushalt durch“, erklärt der Bürgermeister. „Allein der inflationsbedingt hohe Tarifabschluss für die Beschäftigten sorgt für rund 4,8 Mio. Euro Mehraufwand ab 2024.“ Als weitere Beispiele nannte Dahm:

  • Die Besetzung von 30 vakanten Stellen in den städtischen Kitas infolge der Personalwerbekampagne inklusive der Tarifsteigerungen schlägt allein in diesem Bereich mit 3,3 Mio. Euro zu Buche. Jeder neue Platz in Kita und Ganztag vergrößert zudem das Defizit weiter.
  • Die Aufwendungen für sozialpädagogische Hilfen für Kinder und Jugendliche steigen weiter rasant um 3,71 Mio. Euro an, ohne wirklich beeinflussbar zu sein.
  • Die Kosten für IT-Sicherheit angesichts von drohenden Cyberangriffen steigen genauso wie die Beiträge der Stadt etwa zur Gewässerunterhaltung.
  • Auch bei der Unterbringung von geflüchteten Menschen rechnet die Stadt mit weiter steigenden Aufwendungen.
  • Die Möglichkeit, die Kosten der Corona- und Ukraine-Krise zu isolieren und später abzuzahlen, wird durch die Landesregierung - anders als angekündigt - bereits ab 2024 beendet. Im Haushalt schlägt sich das mit 3,7 Mio. Euro zusätzlichem Defizit nieder.

Im Spätsommer informierte die Verwaltung die Fraktionen über rund 12 Mio. Euro zusätzlicher und unabweisbarer Aufwendungen. In der Folge wurde der Haushaltsentwurf durch die Stadtverwaltung intensiv bearbeitet, Ansätze reduziert, Projekte verschoben, Personalausgaben reduziert und angemeldete Bedarfe hinterfragt. Zudem wird erstmals die Möglichkeit des „globalen Minderaufwandes“ genutzt. Das bedeutet, dass in Summe 3,55 Mio. Euro von den eigentlich erforderlichen Aufwendungen pauschal abgezogen werden, in der Hoffnung, dieses Geld im Haushaltsjahr einsparen zu können.

Vorläufige Haushaltsführung

„Hinzu kommt die vermutlich nie dagewesene Situation,“ so Dahm in seiner Haushaltsrede, „dass wir zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht wissen, welches Haushaltsrecht im nächsten Jahr in NRW wirklich gelten wird. Aus diesem Grund wurde auch die Haushaltseinbringung verschoben, mit der Folge, dass wir ab sofort Einschränkungen durch die vorläufige Haushaltsführung hinnehmen müssen: Nicht vertraglich gebundene freiwillige Leistungen können nicht ausgezahlt, Stellen nicht in vollem Umfang besetzt, Beamte nicht befördert und eine Reihe von Bauprojekten nicht begonnen werden.“

Entwicklung zeichnet sich seit langem ab

Ein Blick auf das Eigenkapital der Stadt zeigt, dass sich die heutige Situation seit langem entwickelt. 2008 betrug das Eigenkapital der Stadt – also das Saldo zwischen Vermögen und Schulden - noch 97,3 Mio. Euro. Im Jahr 2020 lag es nur noch bei 37,8 Mio. Euro. In nur zwölf Jahren wurden rund 60 Mio. Euro Eigenkapital verzehrt. Damit droht eine Überschuldung.  

In den letzten beiden Jahren konnte das Eigenkapital durch zwei positive Jahresabschlüsse 2021 und 2022 wieder um 4,8 Mio. Euro auf 42,6 Mio. Euro erhöht werden. Auch die Schulden für Investitionskredite konnten 2022 mit 74 Mio. Euro auf den Stand von 1998/99 zurückgefahren werden. „Wir haben uns auf einem guten Weg befunden. Nun haben sich die Rahmenbedingungen durch die inflationsbedingten Kostensteigerungen, die wirtschaftliche Entwicklung, die Entscheidungen des Landes und die Zinsentwicklung massiv verschlechtert“, erklärt der Bürgermeister, „Auch wenn es niemand gerne hört, muss man es ehrlich sagen: Immer mehr Aufgaben bei massiv gestiegenen Preisen, Zinsen und Löhnen mit dem gleichen Haushalsbudget zu bewältigen, ist faktisch unmöglich und kann nicht funktionieren.“

"Man überlässt Städte und Gemeinden ihrem Schicksal“

Dahm beklagte in seiner Rede insbesondere, dass das Land NRW die Städte und Gemeinden in dieser Situation ihrem Schicksal überlasse: „Der Brandbrief von über 350 Bürgermeisterinnen und Bürgermeister des Landes an den Ministerpräsidenten ist genauso verpufft, wie unsere im Hennefer Rat gefasste Resolution an Landesregierung, Landtagsfraktionen und örtliche Abgeordnete. Und während das Volumen des Landeshaushalts in 2024 um 7 Prozent steigt, steigen die Haushaltmittel zugunsten der Kommunen gerade einmal um 0,3 Prozent - und das in Zeiten einer immer noch hohen Inflation. Die steigenden Ausgaben der Kommunen werden damit in keiner Weise kompensiert. Als Kommunen stehen wir immer am Ende der finanziellen Nahrungskette, aber ganz oben auf Platz 1, wenn es darum geht, kurzfristig auch schwierigste Aufgaben zu übernehmen und zu lösen.“

Die nun angekündigten haushaltsrechtlichen Änderungen durch den Landtag, so Dahm weiter, „bringen für uns als Kommune in der Haushaltssicherung über die Steigerung um einen Prozentpunkt beim globalen Minderaufwand keine Erleichterung. Sie sollen mit Tricks vermeiden, dass weitere Kommunen in die Haushaltssicherung abrutschen.“

Die ganze Verantwortung werde letztlich auf die ehrenamtlichen Kommunalpolitiker*innen vor Ort abgewälzt, „die sich für ihre Stadt oder Gemeinde engagieren wollen, am Ende aber nur noch entscheiden können, welche Leistung gestrichen, welches Angebot eingestellt oder welche Gebühr oder Steuer erhöht wird. Der Frust entlädt sich schließlich an den Bürgermeistern und den ehrenamtlichen Ratsmitgliedern. Populistische und extreme politische Kräfte lauern nur darauf, dass sich die Lage weiter verschärft. Um es klar zu sagen: Wer weiter so mit der kommunalen Finanzausstattung spielt, legt die Axt an unser demokratisches System.“ Am Ende könne nur eine bessere Finanzausstattung durch das Land helfen, die Kommunen handlungsfähig zu halten. Das Sparpotenzial vor Ort sei gering, weil die allermeisten Ausgaben für Kommunen verpflichtend sind. Der Anteil rein „freiwilliger“ Ausgaben in Hennef etwa für Bibliothek, Schulsozialarbeit oder Leistungen für Vereine liegt gerade einmal bei 2,3 Mio. Euro (1,3 Prozent).

Investitionen und große Herausforderungen

Trotz alledem plant die Stadt 2024 und in den Folgejahren zahlreiche Investitionen, die fast ausschließlich aus bereits mit breiten Mehrheiten beschlossenen Projekten und absoluten Notwendigkeiten bestehen und eine geringe Nettoneuverschuldung von 1,21 Mio. Euro in 2024 nötig machen. Prioritäten liegen im Entwurf des Bürgermeisters in den Bereichen Bildung, Sicherheit und Nachhaltigkeit. Als Beispiele nannte Dahm:

  • den Umbau des ehemaligen „Conet“-Gebäudes zu einer modernen Förderschule in Höhe von 4,13 Mio. Euro, denen 2,2 Mio. Euro Fördermitteln gegenüberstehen;
  • die dringend notwendige Fassadensanierung am Schulstandort in der Hanftalstraße; Kosten für beide Gebäude rund 7,3 Mio. Euro;
  • den Neubau der nicht mehr sanierbaren Sporthalle an der Hanftalstraße ab 2025 für 5,8 Mio. Euro;
  • den Bau einer weiteren Kita an der Meiersheide in Hennef mit Kosten von 5,2 Mio. Euro;
  • die Fertigstellung des Feuerwehrhauses in Stadt Blankenberg sowie die Schaffung des neuen Feuerwehr-Standortes Hossenberg mit Kosten in Höhe von 3,3 Mio. Euro;
  • die Umsetzung der Ziele des Masterplan Mobilität, für die 2024 je 100.000 Euro investiv und konsumtiv zur Verfügung stehen – was laut dem Bürgermeister „nur ein Bruchteil des eigentlich erforderlichen Budgets zur Erreichung des ambitionierten Zielszenarios“ sei;
  • den Bau der Radstation am Bahnhof, der 2024 und 2025 mit 4,1 Mio. Euro zu Buche schlägt, von denen die Stadt durch eine Förderung des Bundes aber nur 10 Prozent trägt;
  • die Aufwertung des Park&Ride-Platzes am Bahnhof Blankenberg zur Mobilstation und den Umbau des Schulcampus infolge des Verkehrsversuch für rund 600.000 Euro.

Wie es weitergeht

Nachdem der Haushaltsentwurf nun eingebracht ist, begeben sich die Fraktionen in die Haushaltsberatungen. Am 11. März 2024 soll der Stadtrat über den Haushalt entscheiden. Mit einer Genehmigung durch die Kommunalaufsicht wäre im Mai zu rechnen. Bis dahin gilt für die Stadtverwaltung die vorläufige Haushaltsführung.

Und was passieren, wenn es nicht gelingt, einen genehmigungsfähigen Haushalt zu beschließen? Dann, so Dahm, „wird die Stadt in der vorläufigen Haushaltsführung verbleiben – früher auch Nothaushalt genannt. Unsere Handlungsfreiheit wäre massiv eingeschränkt. Es dürften nur noch gesetzlich und vertraglich verbindliche sowie unabweisbare Ausgaben getätigt werden.“

Es gehe nun in den Beratungen angesichts der sehr schwierigen Rahmenbedingungen darum, die Stadt nicht kaputt zu sparen und die Bürgerinnen und Bürger gleichzeitig nicht untragbar zu belasten. Der Blick liegt unter dem Zwang zum Haushaltsausgleich auf den Ausgaben genauso wie auf den Einnahmen in Form von Gebühren und Steuern. Über die Höhe des Grundsteuerhebesatzes muss abschließend der Rat nach Ausschöpfen der Sparmöglichkeiten beschließen.

Die Haushaltsrede des Bürgermeisters kann unter www.hennef.de/buergermeister online nachgelesen werden.