Ehemaliges Wochenendhausgebiet Bülgenauel

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Ehemaliges Wochenendhausgebiet Bülgenauel

Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Thema “ehemaliges Wochendhausgebiet Bülgenauel” haben wir hier zusammengestellt. Die Antworten machen deutlich, dass es sich um ein komplexes Thema handelt, und erläutern wichtige Hintergründe.

Warum kann das Gebiet nicht als Wochenendhausgebiet Bestand haben?

Das Wochenendhausgebiet kann keinen Bestand haben, weil es im Überschwemmungsgebiet der Sieg liegt. In einem möglichen Hochwasserfall steht es innerhalb kürzester Zeit bis zu 2,5 Meter unter Wasser. Dies geht aus den Hochwassergefahren- und -risikokarten des Landes NRW hervor: https://www.flussgebiete.nrw.de/hochwassergefahrenkarten-und-hochwasserrisikokarten. Diese Karten wurden 2013 erstmals veröffentlicht. Im Dezember 2019 sind sie aktualisiert worden.

 

Damit besteht eine Gefahr für Leib und Leben. Die Katastrophe 2021 im Ahrtal oder die vermehrten Jahrhunderthochwasser der letzten Monate mit einer Vielzahl an Todesopfern zeigen die konkrete Gefahrenlage in solchen Gebieten. Extremwetterereignisse werden in der Folge des Klimawandels häufiger. Ein solches Ereignis kann jederzeit auch in der Region auftreten und zu einem außergewöhnlichen Sieghochwasser führen.

 

Aufgrund dessen ist das Gebiet im Flächennutzungsplan seit 2018 als landwirtschaftliche Fläche ausgewiesen. Die Anpassung der Flächennutzung ist eine vom Land NRW unterstützte Vorsorgemaßnahme gegen Hochwasserrisiken. Die Maßnahme zielt darauf ab, die Siedlungsentwicklung so zu gestalten, dass neue Hochwasserrisiken verhindert und bereits bestehende reduziert werden. So können durch die Umsetzung der Schutzvorschriften für festgesetzte Überschwemmungsgebiete in der Bauleitplanung potenzielle Schäden vermieden und notwendige Überflutungsflächen der Gewässer gesichert werden. Siehe hierzu auch https://www.flussgebiete.nrw.de/hochwasser-im-einzugsgebiet-der-sieg-wie-gehen-wir-mit-dem-risiko-um.

 

Eine sehr ausführliche Darstellung der Sachlage findet man im Rechtsplan zur Neuaufstellung des Flächennutzungsplanes Hennef unter https://www.o-sp.de/hennef/plan/plan_details.php?pid=18708&art=77210. Auch dort (ab Seite 119) wird die Rechtslage bzgl. der Bebauung eingehend betrachtet.

 

Unter https://www.o-sp.de/hennef/plan/plan_details.php?pid=18708&art=142213 findet man außerdem den Beiplan Hochwasser zum Flächennutzungsplan, der ebenfalls das Hochwasserrisiko darstellt.

Warum müssen viele Wochenendhäuser abgerissen werden?

Die Häuser im ehemaligen Wochenendhausgebiet Bülgenauel waren als Wochenendhäuser – einige sogar nur als „Wohnlaube“ – genehmigt. Aus dieser Zweckbestimmung eines solchen Gebäudes ergibt sich eindeutig, dass es zum zeitlich begrenzten – also nicht andauernden – Aufenthalt in der Freizeit, beispielsweise am Wochenende oder im Urlaub genutzt werden darf. Der tatsächliche Lebensmittelpunkt der Bewohner muss sich an einem anderen Ort befinden. Mit einer solchen Baugenehmigung darf man also das Gebäude nicht als Haupt- oder alleinigen Wohnsitz nutzen, nur eine Nutzung als Zweitwohnsitz ist erlaubt. Häuser, die die Besitzer als Haupt- oder alleinigen Erstwohnsitz nutzen und demzufolge auch so angemeldet haben, verlieren aufgrund der unzulässigen und nicht genehmigten Nutzung die Baugenehmigung. Ein Wochenendhausgebiet kann nicht durch eine unzulässige Nutzung zu einem Wohngebiet werden.

 

Hinzu kommt, dass viele Eigentümer an ihren Häusern bauliche Erweiterungen in erheblichem Umfang vorgenommen haben, ohne diese genehmigen zu lassen. Ein großer Teil der baulichen Anlagen hat nie eine Baugenehmigung besessen. Damit wurde gegen das für alle geltende Baurecht verstoßen. Der überwiegende Teil der baulichen Anlagen war baurechtlich nie genehmigt (sogenannte Schwarzbauten) bzw. ist baurechtlich durch die unzulässige Nutzung nicht mehr genehmigt, der Bestandsschutz ist verloren.

 

Weil das Gebiet als landwirtschaftliche Fläche ausgewiesen ist und im vom Land NRW festgesetzten Überschwemmungsbereich der Sieg liegt, kann auch keine erstmalige oder erneute Genehmigung als Wochenendhaus erteilt werden.

 

Es muss ebenso davon ausgegangen werden, dass die baulichen Anlagen nicht hochwasserangepasst errichtet wurden und damit auch für die flussabwärts gelegenen Ortschaften im Hochwasserfall ein Risiko darstellen, weil durch sie, wenn sie vom Wasser mitgerissen werden, ungleich größere Mengen an Material flussabwärts treiben. Dieses kann wiederum weitere Schäden etwa an Brücken verursachen oder Wasser aufstauen und damit Überschwemmungen in anderen Teilen der Stadt verstärken, die zu Schäden an öffentlicher Infrastruktur und privatem Eigentum in erheblichem Umfang führen können. Auch deswegen kann die Stadt unrechtmäßig errichtete oder genutzte Gebäude nicht einfach hinnehmen.

Wann muss ein Wochenendhaus nicht abgerissen werden?

Ein Wochenendhaus muss nur dann nicht abgerissen werden, das heißt: es kann bleiben, sofern weder ein früherer Besitzer noch ein aktueller Besitzer dieses zum Dauerwohnen genutzt hat und das Haus nicht ohne Genehmigung des Bauordnungsamtes errichtet oder erheblich baulich verändert wurde. Beide Bedingungen müssen zutreffen.

Warum hat die Stadt die Anmeldung von Erstwohnsitzen erlaubt, obgleich diese bauordnungsrechtlich nicht erlaubt waren?

Anmeldungen im Meldeamt erfolgen nach rein melderechtlichen Kriterien nach dem Bundesmeldegesetz. Eine Prüfung, ob die gemeldete Nutzung bauordnungsrechtlich zulässig ist, erfolgt nicht. Das ist gesetzlich auch nicht vorgesehen, was das Oberverwaltungsgericht bestätigt hat.

Einige Nutzer der Wochenendhäuser argumentieren, dass kein Hochwasserrisiko bestehe, weil es dort bisher kein Hochwasser gegeben hat.

An der Sieg gibt es regelmäßig Hochwasser. Nicht immer sind diese dramatisch, aber es gibt genug Beispiele, bei denen Hochwasser dramatische Ausmaße annehmen können, man denke nur an die Flut an der Ahr 2021 oder aktuell etwa in Polen und Österreich. Ein solches Ereignis kann jederzeit auch an der Sieg eintreten. Durch den Klimawandel steigt die Wahrscheinlichkeit solcher Extremwetterereignisse an. Die Hochwassergefahrenkarten von 2013 zeigen das Risiko. Dieses Risiko besteht vor allem für Bewohner der Häuser, die etwa von rasant steigendem Wasserstand überrascht werden können, aber genauso etwa für Einsatzkräfte der Freiwilligen Feuerwehr im Falle eines Einsatzes zur Menschenrettung.

 

Dieses Risiko kann eine Stadt nicht ignorieren und muss handeln, weil sie für die Gefahrenabwehr verantwortlich ist. Denn wenn etwas passiert, wird man fragen und vermutlich strafrechtlich klären, warum niemand gehandelt hat, als die Gefahr offensichtlich wurde. Die Verantwortung, entgegen der bekannten Gefahrenlage nicht tätig zu werden und nicht gegen unrechtmäßig errichtete und genutzte Gebäude vorzugehen, kann die Stadt nicht tragen. Diese Verantwortung kann auch nicht den betroffenen Eigentümern übertragen werden.

Warum dürfen dann einige Wochenendhäuser bleiben?

Einige Wochenendhäuser genießen Bestandsschutz, sofern sie eine Baugenehmigung besitzen, dort nie Dauerwohnen erfolgte und keine bauliche Veränderung vorgenommen wurde und dadurch die Genehmigung erloschen wäre. Neue Wochenendhäuser können und dürfen nicht genehmigt werden, weil das Gebiet landwirtschaftliche Fläche ist und im Überschwemmungsgebiet der Sieg liegt. Auch eine Neugenehmigung von Häusern, die die Genehmigung verloren haben, ist deswegen rechtlich nicht mehr möglich.

Sind die verbliebenen Wochenendhäuser denn keinem Hochwasserrisiko ausgesetzt?

Doch. Aber sie werden eben nicht dauerhaft, sondern nur gelegentlich genutzt. Sie können nicht neu genehmigt werden, genießen aber Bestandsschutz, weil sie rechtmäßig errichtet und genutzt wurden und werden. Insofern kann gegen diese Anlagen bauordnungsrechtlich auch gar nicht vorgegangen werden.

Einige Wochenendhausbesitzer haben geklagt. Was hat das Oberverwaltungsgericht geurteilt?

Das Oberverwaltungsgericht Münster hat geurteilt, dass das Einschreiten der Stadt als Ordnungsbehörde gegen nicht rechtmäßig erstellte oder genutzte bauliche Anlagen aus den oben genannten Gründen rechtmäßig ist.

Warum ist die Stadt in die zweite Instanz gegangen und hat das erste Urteil des Verwaltungsgerichtes nicht einfach akzeptiert?

Weil das Urteil des Verwaltungsgerichtes Köln nach Einschätzung der Stadt aus den oben genannten Gründen nicht nachvollziehbar war. Die Stadt sieht weiterhin eine Gefahr für Menschen, die dauerhaft im ehemaligen Wochenendhausgebiet Bülgenauel leben, weil das Gebiet im Überschwemmungsgebiet der Sieg liegt. In einem möglichen Hochwasserfall steht es innerhalb kürzester Zeit bis zu 2,5 Meter unter Wasser.

 

Darüber hinaus hat ein großer Teil der baulichen Anlagen nie eine gültige Baugenehmigung besessen bzw. sind die Baugenehmigungen vieler Häuser erloschen und damit bauordnungsrechtlich nicht mehr legal. Eine Behörde, die zur Gefahrenabwehr verpflichtet ist, muss eine ermessensgerechte Maßnahme zur Beseitigung dieser Gefahr durchführen. Hier bleibt aufgrund der besonderen Gefahrenlage nur, den Abbruch unrechtmäßiger Bauten anzuordnen. Das Urteil des Oberverwaltungsgerichtes in Münster hat diese Einschätzung vollumfänglich bestätigt.

Was unternimmt die Stadt, nachdem die schriftliche Urteilsbegründung vorliegt?

Bei allen Verfahren – also bei allen Bauten im ehemaligen Wochenendhausgebiet, deren Baugenehmigung erloschen ist oder die nie eine Baugenehmigung besessen haben – muss die Stadtverwaltung nun unter Berücksichtigung der Urteilsbegründungen prüfen, wie es weitergeht. Jeder Fall ist individuell, es handelt sich immer um Einzelfallentscheidungen.

Wann hat die Stadt die Nutzer der Wochenendhäuser erstmals über die Situation informiert?

2013 haben die Nutzer erstmals im Zuge der Umsetzung der EU-Hochwasserrisikomanagement-Richtlinie ein Informationsschreiben darüber erhalten, dass die Bezirksregierung festgestellt hat, dass das Wochenendhausgebiet Bülgenauel bei einem sogenannten hundertjährigen Hochwasser in einem überschwemmungsgefährdeten Gebiet liegt. In dem Schreiben hieß es weiter: “Außerdem machen wir Sie darauf aufmerksam, dass derzeit die baurechtliche Situation im Wochenendhausgebiet Bülgenauel unabhängig von der Frage des Bevölkerungsschutzes und der sich hieraus ergebenden präventiven Information geprüft wird.”

 

Am 14. September 2016 hat der Dorfausschuss des Stadtrates das Wochenendhausgebiet besichtigt.

 

Der neue Flächennutzungsplan lag im Rahmen der Öffentlichen Auslegung von Mai bis Juli 2016 und erneut im August und September 2017 im Rathaus zur Einsicht aus. Im Zuge dessen wurde er auch im Internet unter https://www.o-sp.de/hennef/start.php offengelegt.